Teil
02
Aussicht - Tokyo Tales 日本

| Lesezeit: 12 Minuten

Geschmacksexplosion: Verliebt in Japans Küche

von Yasuyuki Mizuma

Unser Team-Kollege Yasuyuki arbeitet seit Anfang 2023 von Japan aus für uns und berichtet von dort über seine spannenden Eindrücke und Erfahrungen. Im zweiten Beitrag seines Blogs nimmt er uns mit in die außergewöhnliche Kulinarik Japans und lässt uns das Wasser im Mund zusammenlaufen.

 

Konnichiwa (こんにちは) alle zusammen! Herzlich willkommen zurück zu unserem gemeinsamen Abenteuer im Land der aufgehenden Sonne. Natürlich können wir nicht von Japan sprechen und das wohl bekannteste und abwechslungsreichste Highlight auslassen: das japanische Essen. Von traditionellen Delikatessen bis hin zu modernen Kreationen – ich habe schon viel probiert. Aber ich möchte euch nicht nur von fantastischen Geschmackserlebnissen vorschwärmen, sondern euch auch einen Eindruck davon vermitteln, welche Rolle Essen in der japanischen Kultur spielt.

Eine kulinarische Reise beginnt

Japan bietet zahlreiche Möglichkeiten, den eigenen kulinarischen Horizont mit vielen verschiedenen Gerichten zu erweitern. Klassisch internationale Speisen, wie Burger gibt es hier selbstverständlich auch. Wenn wir aber von traditionelleren Gerichten sprechen, landen wir bei Shabu-Shabu, Karaage, Bentō Boxen und selbstverständlich jeder Menge Fisch. Keine Angst – was sich hinter diesen Begriffen verbirgt, erfahrt ihr gleich!

Yasuyuki sitzt in einem Restaurant, lacht glücklich und hält einen japanischen Burger in der Hand.
Yasuyuki unterwegs mit seinen Freunden in einem japanischen Burger-Restaurant– untypisch, aber auch das gibt es hier!

Für die Zubereitung aller Gerichte werden grundsätzlich frische und qualitativ hochwertige Zutaten verwendet. Selbst Fertiggerichte sind hier, im Vergleich zu anderen Ländern, ziemlich gesund. Zugegeben, die Japaner frittieren sehr gerne – aber üblicherweise wird in Japan sehr viel frisch gekocht. Kein Wunder also, dass Essen hier mehr als nur eine bloße Nahrungsaufnahme ist und fast schon zelebriert wird. So, wie man sich in Deutschland vor dem Essen einen „Guten Appetit“ wünscht, sagen wir hier „Itadakimasu“. Allerdings ist dieses Wort gleichzeitig ein Ausdruck von Dankbarkeit gegenüber allen Verantwortlichen, die uns das Essen ermöglichen:

„von der Ernte bis zur Zubereitung.“

Oft stehen bei den Mahlzeiten viele kleine Schälchen auf dem Tisch, man isst überwiegend mit Essstäbchen und es ist nicht unüblich, bereits zum Frühstück Herzhaftes zu essen.

Links: Japanisches Omelette, gebratene Nudeln und Fisch. Rechts: Ein typisch japanisches Frühstück bestehend aus Miso-Suppe, Reis, Salat, Ei, Bohnen und Fisch.

Genussvoll verzaubert: Das japanische Essen bietet neue, aber auch teure Highlights!

Eine der populärsten Gastronomieformen hier ist Izakaya, eine Art japanische Form der Kneipe. Oft sind Izakayas sehr gut besucht und es kann vorkommen, dass man anstehen musst, wenn man nicht zuvor reserviert hat. Ein Freund und ich waren zuletzt in einer Tokioter Izakaya mit dem Namenちばちゃん (Chiba Chan). Für nur etwa 7-10 Euro bekommt man dort eine große Menge an Karaage, also frittierte Hähnchenstücke! Es war überwältigend gut und superlecker, aber selbst zu zweit konnten wir nur die Hälfte aufessen.

Eine riesige Portion Karaage, frittiertes Hähnchen

An einem anderen Abend wurde ich in eine andere Izakaya eingeladen – in Ginza, einem der teuersten Bezirke in Tokio, der für seine luxuriösen Boutiquen und erstklassigen Restaurants bekannt ist. Mit ihrer herzlichen Atmosphäre, einer breiten Palette leckerer Häppchen und dem freundlichen Service war der Besuch dort zweifellos unvergesslich.

Jedes Gericht, das serviert wurde, war nicht nur köstlich, sondern wurde auch ansprechend präsentiert. Obwohl das Essen uns etwa 70 Euro pro Person kostete, war es jeden Cent wert für die Qualität und das Erlebnis, das wir genossen haben.

Wer sich für relativ kleines Geld so richtig sattessen will, kann natürlich auch von „All-you-can-eat“-Angeboten Gebrauch machen, die viele Restaurants in Japan ab etwa 20 Euro anbieten. Besonders beliebt sind dabei Yakiniku und Shabu-Shabu.

Yakiniku bedeutet übersetzt „gegrilltes Fleisch“. Hierbei wird meist Fleisch auf einem Grill direkt am Tisch zubereitet. Shabu-Shabu hingegen ist ein japanischer Hotpot-Stil, bei dem dünne Scheiben von Fleisch und Gemüse in einem Topf mit kochender Brühe gegart werden. Der Name kommt übrigens vom Geräusch, das das Fleisch macht, wenn es im Topf geschwenkt wird.

Einzelne Yakiniku-Bestandteile fertig gegrillt und in kleinen Schüsseln serviert. Von links nach rechts: Kimchi mit Gurke, Tofu, Rindfleisch mit einem rohen Ei.

Natürlich gibt es kulinarisch viele Unterschiede von Region zu Region. Jede hat eigene Spezialitäten. Da es hier den Rahmen sprengen würde, gehe ich in einem separaten Beitrag bald nochmal darauf ein!

Bezahlen kann man in Japans Restaurants und Bar übrigens überall mit allen erdenklichen Zahlungsmitteln: bar, mit Kreditkarte, Handy Apps, Google Pay und so weiter – aber bitte ohne Trinkgeld. Zwar zahlt man in manchen Läden eine „Table Charge“, bezahlt also seinen Sitzplatz, aber da kein Trinkgeldsystem vorgesehen ist, wäre es unhöflich, welches zu geben. Das gilt natürlich nicht für japanische Restaurants in Deutschland – da gelten die deutschen Gepflogenheiten in Sachen Trinkgeld, nicht die japanischen.

 

Bentō Boxen: Praktisch und preisgünstig

Worauf ich außerdem noch genauer eingehen möchte, ist Japans Klassiker für Singles, Menschen, die wenig essen, wenig Zeit oder einfach keinen Spaß am Kochen haben: Bentōs. Dabei handelt es sich um eine in Japan weit verbreitete, traditionelle Darreichungsform mehrerer Speisen, die ordentlich arrangiert in einer Box serviert und mit kleinen Trennwänden voneinander separiert werden. Sie sind eine gute und gesunde Alternative zu herkömmlichen Fertigmahlzeiten. Ein typisches Bentō besteht aus Reis, Fisch oder Fleisch und einer oder mehreren Sorten von Gemüse als Beilage. Es ist die japanische Form der Brotdose oder Lunchbox. Durch die große Variationsmöglichkeit beim Befüllen und ihre kompakte Größe sind sie zum Mitnehmen perfekt geeignet − ob für die Schule, für die Arbeit, die Baustelle oder das Büro.

Ich persönlich mag Bentōs – unter anderem auch, weil meine Mutter mir früher immer welche zubereitet hat. In Zukunft, wenn ich wieder in Deutschland bei der line vor Ort bin, möchte ich die Tradition der Bentōs, so gut es geht, beibehalten und sie mit zur Arbeit nehmen.

Verschiedene Bentōs aus dem Supermarkt

Der Stellenwert des Essens im Berufsalltag

Natürlich gibt es auch einige Gerüchte und Vorstellungen rund um den Stellenwert der japanischen Esskultur in Verbindung mit der Geschäftswelt. Einige Fragen meiner Kolleginnen und Kollegen aus Köln möchte ich hier beantworten, da sie sicher auch für euch spannend sind.

„Gemeinsames Essengehen stärkt die Beziehung & schafft Vertrauen.“

Es kam die Frage auf, ob es unter Kolleginnen und Kollegen eher üblich ist, mittags gemeinsam zu essen. Doch Japan unterscheidet sich diesbezüglich nicht wirklich von anderen Ländern und in den meisten Firmen geht es zu wie bei uns, der line. Manche speisen lieber gemeinsam, andere genießen ihr Essen lieber allein.

Eine Kollegin wollte wissen, ob wichtige Verhandlungen und Vertragsabschlüsse traditionell beim Essengehen vereinbart werden. Dieses Gerücht kann ich zum Teil bestätigen. Tatsächlich ist es in Japan üblich, Geschäftsverhandlungen in einem Restaurant oder einer Bar zu führen. Gemeinsames Essengehen stärkt die Beziehung und schafft Vertrauen zwischen den Verhandlungsparteien. Und das wiederum ist sehr wichtig in der japanischen Geschäftskultur. Doch die Vertragsabschlüsse selbst werden eher in einem formelleren Rahmen getroffen. Natürlich gibt es aber auch Unternehmen, die es anders handhaben und bei denen Geschäftsessen eher selten stattfinden.

Und wie steht es mit dem Alkohol? Auch hier unterscheidet sich Japan nur wenig von Deutschland. Es ist eher unüblich, zum Mittagessen mit den Kolleginnen und Kollegen etwas zu trinken – das findet eher abends statt. Man trinkt üblicherweise ein Bier oder unter jüngeren Leuten auch mal einen レモンサワ (Lemon Sour) – also eine Art Cocktail.

 

Der Westen kommt nach Japan! Europäische Gerichte im Japan-Stil

So wie man in Deutschland manchmal seine ganz eigene Interpretation japanischer Gerichte hat, hat Japan oft seine ganz eigene Interpretation der westlichen Küche. Einmal war ich mit einem Bekannten in einem „italienischen“ Restaurant. Ich war gespannt, was mich erwarten würde und entschied mich für ein 4-Gänge-Menü, bei dem es unter anderem Pasta und Steak gab. Es war zweifellos köstlich, aber weit entfernt von traditionell italienisch. Bei vielen Gerichten wurden japanische Zutaten und Soßen verwendet, was ihnen einen ganz neuen Geschmack verlieh. Es war eine faszinierende Vermischung von Kulturen auf dem Teller.

Geschmunzelt habe ich auch, als ich letztens zufällig über eine Art „Oktoberfest in Japan“ gestolpert bin, das optisch eher einem Weihnachtsmarkt glich. Es gab dort Würstchen, Sauerkraut und Rotkohl, aber auch der „gute deutsche Rotkohl“ wurde mit dem typisch japanischen süßen Geschmack kombiniert.

oben: Das japanische Oktoberfest, aussehend wie ein Weihnachtsmarkt im Mai inmitten Japans; unten: Die japanische Variante eines deutschen Gerichtes -> bestehend aus Krakauer, Bratwurst, Rotkohl, Sauerkraut & Haxe.

Kochen zu Hause: Heimweh nach Deutschland

Wenn man deutsche Gerichte hier nachkochen möchte, bekommt man ein großes Problem mit den zum Teil sehr hohen Lebensmittelpreisen in Japan. Wenn man den Geldbeutel im Blick haben muss und möchte, kauft man besser für die lokale Küche ein. Fisch, Tofu und fermentierte Bohnen sind nur einige der zahlreichen Zutaten, die man relativ günstig erwerben kann. Aus dem Ausland importierte Produkte, wie Fleisch, Käse oder bestimmte Gemüsesorten, kann man hier schon fast als Luxusgüter betrachten und die Preise erscheinen einem im Vergleich zu Deutschland wucherhaft.

Zum Beispiel erhält man in Deutschland einen ganzen Sack Kartoffeln für grob 2 Euro. Für diesen Preis kriegt man in Japan lediglich drei bis vier Knollen. Für mich, der ab und zu deutsche Gerichte nachkochen möchte, wird der Einkauf also sehr schnell sehr teuer. Das musste ich selbst erfahren, als ich kürzlich versuchte, Gulasch zu kochen – eine Speise, die in Japan eher unüblich ist. Der Einkauf dafür riss ein ordentliches Loch in mein Portemonnaie!

Yasuyukis selbst gekochtes Gulasch

Ich habe mich in Japan schnell eingelebt und bin begeistert von der Kultur, der lokalen Küche und der Lebensweise hier. Allerdings bleibt Heimweh auch bei mir nicht aus. Ich vermisse manchmal die deutsche Küche und insbesondere die Gerichte, die ich zu Hause oft zubereitet habe.

Besonders das Grillen im Garten fehlt mir sehr, da es in Japan nicht so verbreitet ist, wie in Deutschland. Ich erinnere mich gerne an gemütliche Grillabende mit Freunden und Familie zurück, bei denen wir verschiedene Sorten Fleisch und Würstchen auf das Rost gelegt und den Abend gemeinsam genossen haben.

 

Verliebt in Japans Küche – Japans Esskultur lädt zum Genießen und Verweilen ein

Das Essen in Japan kann sowohl teuer als auch günstig sein, abhängig von den eigenen Vorlieben und Gewohnheiten. Aber vor allem bietet die japanische Küche eine Fülle einzigartiger und köstlicher Erfahrungen, die es absolut wert sind, entdeckt zu werden.

Alles in allem bin ich superglücklich über die vielen kulinarischen Eindrücke und Erlebnisse. Ich werde euch natürlich auch weiterhin von meinen Abenteuern in Japan berichten und hoffe, ihr seid wieder dabei!

Im nächsten Beitrag geht es darum, wie es eigentlich für mich und meine Kollegen ist, von der anderen Seite der Welt für die line in Köln zu arbeiten. Welche Vorteile hat es? Wo treffe ich auf Herausforderungen? Wie genau fühlt man sich, wenn man weiß, man wird 2 Jahre komplett remote arbeiten, ohne die Möglichkeit ins Büro zu gehen?

Wenn ihr die Antworten auf die Fragen wissen wollt, dann bleibt dabei und seid gespannt!

Bis zum nächsten Mal,
euer Yasuyuki.

 

Yasu
Yasu
Kreation

YM

Yasuyuki Mizuma
Mediengestalter/ Grafiker

Vielseitig, technikbegeistert und neugierig – Yasuyuki macht vor kaum einer Herausforderung halt und landet so nicht nur unsere Drohne, sondern auch Web-, Video- und 3D-Inhalte zielgenau auf den Punkt.

Kontakt